Für mein 2. Bikepacking-Abenteuer Mitte September habe ich es mir etwas leichter gemacht … deshalb „Bikepacking light“. Diesmal waren keine Übernachtungen im Zelt oder einer Schutzhütte geplant, sondern in Hotels bzw. privat.
Jedes Jahr treffe ich mich mit dem harten Kern meines Ausbildungsjahrgangs zu einem Wochenende mit sportlichen Freizeitaktivitäten. Diesmal hatten wir uns für eine Kanutour auf der Eder bei Fritzlar entschieden. Da ich im Anschluß noch eine Woche Urlaub am Rande des Ostharz gebucht hatte und dort auch etwas mit meinem Mountainbike unterwegs sein wollte, kam ich auf die Idee beides zu verbinden.
Also besorgte ich mir noch eine neue Rahmentasche für mein Hardtailbike, nahm den Freitag frei und schwang mich morgens um 6 Uhr in den Sattel, denn für den ersten Tag hatte ich eine herausfordernd lange Strecke vor mir.
Tag 1 – Schwalbach nach Fritzlar
In absoluter Dunkelheit ging es erst noch durch bekanntes Terrain und oft gefahrene Wege und bekannter Gegend, entlang der östlichen Flanke des Taunus, über Bad Homburg, Friedrichsdorf und Köppern weiter nach Norden in Richtung Gießen. Man vergisst gerne, dass selbst die Ausläufer eines Mittelgebirges ordentliche Steigungen beinhalten können und so kam ich teils ziemlich ins Schwitzen. Belohnt wurde ich dafür von einem schönen Sonnenaufgang, aber zum geniessen blieb wenig Zeit, da ich die Strecke und meine Geschwindigkeit mit dem Mountainbike nur sehr schwer einschätzen konnte … und ich wollte spätestens um 17 Uhr lange vor Einbruch der Dunkelheit in Fritzlar ankommen.
In Butzbach machte ich eine erste kurze Pause und fuhr dann weiter über Dörfer wie Pohlgöns, Kirchgöns und Langgöns nach Giessen. Mittlerweile hatte sich auch der frühe Dunst verzogen und ich konnte die Strecke durch die mittelhessischen Felder und Wiesen genießen. Nach Lollar ging es in Stauffenberg über den Burgberg und weiter in den Ebsdorfergrund. Marburg ließ ich wortwörtlich „links liegen“ und hielt auf Amöneburg und Stadtallendorf zu. Danach ging es dann in die Schwalm nach Neustadt (Hessen). Direkt danach stieß ich auf das erste große Hindernis: leider war Komoot offensichtlich nicht bekannt, dass derzeit die Verlängerung der Autobahn A49 quer durch die Schwalm gebaut wird und so wurde mein Weg urplötzlich von einem Erdwall versperrt, hinter dem die neue Autobahnstrecke bzw. die Baustelle dazu verlief. Trotz mehrere Versuche war eine gefahrlose Überquerung nicht möglich, also hieß es umkehren und eine neue Strecke suchen, leider nur möglich über eine enge und stark befahrene Bundesstraße.
Danach war die Strecke zum Glück wieder einfacher und verlief einen Großteil entlang des Flusses Schwalm, mit malerischen Landschaften und Dörfern, über Treysa, Dittershausen, Schlierbach und Zimmersrode. Der gut ausgebaute Schwalm-Radweg ist in dieser Gegend zu empfehlen.
Mittlerweile hatte ich bereits 140km hinter mir und die Beine machten sich dann doch bemerkbar und wurden ordentlich müde … da half dann auch nicht, dass es rund um den Borkener See einige Straßensperrungen auf meiner geplanten Strecke gab und ich mir wieder mühsam eine neue Strecke suchen musste, die noch ein paar zusätzliche Kilometer zu der Gesamtstrecke hinzufügten.
Zum Glück wusste ich, dass ich auf den letzten Metern war, allerdings hieß das auch nochmal etwas Steigung von Borken bis Fritzlar, die ich mit zusammengebissenen Zähnen und in den kleinsten Gängen dann auch noch bewältigte. So erreichte ich müde und abgekämpft gegen 17 Uhr, perfekt im Zeitplan, mein Hotel und konnte die verdiente heiße Dusche genießen.
Den Abend habe ich dann bei gutem griechischen Essen und in netter Gesellschaft mit meinen Freunden verbracht … allerdings war ich nach dieser Strecke doch sehr froh, dass ich am nächsten Tag beim Kanufahren nur die Arme und nicht die Beine bewegen musste.
Tag 2 – Paddel-Intermezzo auf der Eder
Über den Samstag in Fritzlar und Umgebung will ich hier nicht allzu viel berichten, denn er war ja im Bezug auf das Radfahren eigentlich ein Pausentag … auch wenn er der eigentliche Grund der Reise war. Nur soviel – wir hatten bei herrlichem Herbstwetter und Sonnenschein einen tollen Tag auf der Eder und ich konnte meine Beine ausruhen, während an diesem Tag die Arme die Arbeit machen mussten.
Tag 3 – Fritzlar nach Göttingen
Nach einem ausgiebigen Frühstück machten wir am Sonntag Vormittag einen gemütlichen Spaziergang durch die wunderschöne Fachwerk-Altstadt von Fritzlar, genehmigten uns noch einen Kaffee am Marktplatz, bevor wir uns verabschiedeten und ich mich wieder auf mein Mountainbike schwang.
Für heute hatte ich mir die kürzeste Strecke der Tour zusammengestellt, hauptsächlich getrieben von der geplanten Übernachtung bei meinen Eltern in Göttingen.
Es ging also durch die hügelige nordhessische Landschaft von Fritzlar über Gudensberg in Richtung Fulda, um dann kurz hinter Grifte auf den Fulda-Radweg zu stoßen. Diesem folgte ich dann bis Dittershausen, kämpfte mich dort eine 15% Steigung Richtung Oberzwehren hoch und folgte dann erneut den Fuldaauen bis Kassel. Dort verließ ich den Flusslauf erneut und durchquerte die Stadt bis nach Ihringshausen. Nach Kassel konnte ich wieder gemütlich dem Fuldaradweg folgen, bis zum Zusammenfluss des Flusses mit der Werra in Hann. Münden. Diese Strecke ist nicht nur landschaftlich sehr schön und empfehlenswert, sondern fährt sich auf Grund des guten ausgebauten Fahrradweges auch sehr angenehm.
Blick auf den Schloßberg von Gudensberg Stärkung in Wilhelmshausen
Hinter Hann. Münden ging es dann wieder in bergigeres Land über Volkmarshausen in Richtung Dransfeld. Von der Planung wußte ich bereits, dass vor Dransfeld nochmal eine ordentliche Steigung mit einigen Höhenmetern zu überwinden war … zum Glück auf einem gut ausgebauten Fahrradweg bzw. der alten Bahntrasse. Trotzdem verlangte mir diese Bergwertung nochmal einiges ab und ich war sehr dankbar, als ich endlich über die Kuppe war und es für die letzten Kilometer des Tages bergab über Varmissen nach Rosdorf und dann endlich nach Göttingen ging.
Stetige Steigung in Richtung Dransfeld … … durch idyllische Landschaft
Tag 4 – Göttingen nach Halberstadt
Nach einer angenehmen Nacht und einem guten Frühstück bei meinen Eltern, ging es wieder früh los in Richtung Harz. Meine morgendliche Kondition wurde auf dem Weg aus Göttingen raus auch gleich auf die Probe gestellt, denn Komoot führte mich aus irgendeinem Grund über den Herberhäuser Stieg mit einer kurzen, aber knackigen 12%gen Steigung … das bringt den Kreislauf am Morgen gut auf Touren. Nach dieser und der nächsten Steigung den Rohringer Berg hinauf wurde die Strecke bis zum Fuß des Harzes flach, allerdings kam ich wesentlich langsamer voran als gehofft, da ich mit ordentlichem Gegenwind zu kämpfen hatte. Ich fuhr meist auf Rad- oder Feldwegen über Herberhausen, Rohringen, Waake, Ebergötzen (mit der bekannten Wilhelm-Busch-Mühle), Gieboldehausen, Rhumspringe bis nach Scharzfeld und dann entlang dem Fuß des Harzes nach Bad Lauterberg im Harz.
Rohringer Warte Max und Moritz auf dem Weg nach Ebergötzen Radweg bei Rhumspringe
Jetzt kam die für mich anspruchsvollste Etappe der Tour, die Harzüberquerung. Es ging erstmal langsam aber stetig bergauf von Bad Lauterberg bis zur nahegelegenen Odertalsperre, dann entlang dieser auf einer vielbefahrenen, engen Landstraße, denn es gab leider keinen Fahrradweg. Mit stetiger Steigung zwischen 4% und 10% fuhr ich dann hoch nach Braunlage. Weiter ging es auf dem Höhenzug bis nach Elend … nach dem Anstieg auf den Sattel konnte ich diesen Teil der Strecke richtig genießen, auch wenn die Wälder im Harz durch Sturm, Trockenheit und Borkenkäfer zum Teil eher trostlos aussahen. Leider hat mir Komoot mit seiner Routenplanung hinter Elend wieder ein paar wortwörtliche Stöcke zwischen die Speichen geschmissen und mich über schlechte Wege und Wüstungen von Waldarbeiten geführt, durch die ich zum Teil das Rad schieben und tragen musste. Danach konnte ich dann allerdings eine lange, tolle Abfahrt über Drei Annen nach Wernigerode am Fuße des Ostharz genießen.
Odertalsperre Tolle Routenführung von Komoot Harzquerbahn in Wernigerode
Die letzten 25km nach Halberstadt ging es sehr schön und idyllische entlang des Holtemme-Radwegs, der zwar oft nicht mehr als ein Trail war, aber dafür immer schön entlang des Flüsschens ging. So konnten sich die müden Beine noch vor der Ankunft und heißen Dusche etwas erholen.
Auch wenn das Mountainbike nicht unbedingt die beste Wahl für eine solche lange Strecke war, war ich bei der Harzüberquerung sehr dankbar dafür und es hat sich auch als Bikepacking-Alternative zum Gravelbike sehr gut geschlagen. Die Strecke hatte viele landschaftliche Highlights und auch dieses kleine Abenteuer hat sich definitiv gelohnt und wird mir in Erinnerung bleiben.